GALERIE TOUR DURCH FRANKFURT

Eine Besucherin auf der Führung durch Frankfurts Kunstszene

Eine Führung durch Frankfurts Kunstszene

Am Wochenende begleitet mich eine Gruppe aus Heidelberg durch Frankfurts Kunstszene und auf unserer dreistündigen Galerie Tour besuchen wir fünf aktuelle Ausstellungen. Wenn auch du bei einer privaten Galerie Tour durch Frankfurt dabei sein möchtest, freue ich mich von dir zu hören. Die weißen Galerieräume, der typische „White Cube“, können manchmal etwas einschüchternd sein. Ich zeige dir, dass es sich lohnt, die Tür zu öffnen und sich von den Galeristinnen und Galeristen die Geschichten hinter den Kunstwerken erzählen zu lassen und einen Blick hinter die Kulissen ihres Arbeitsalltags zu werfen.


Galerie Grässlin

Wir starten unsere Galerie Tour am Klaus-Mann-Platz, direkt vor dem Frankfurter Engel von Rosemarie Trockel. Die Galerie Grässlin gegenüber ist die renommierteste Galerie Frankfurts und eine der Global Player auf internationalen Messen in Europa, USA und Asien. Die Galerie befindet sich in einer ehemaligen Glasfabrik, in einem Gebäude aus Beton, Stahl und Glas, versteckt in einem Hinterhof der Schäfergasse. Bärbel Grässlin vertritt deutsche Künstlerinnen und Künstler, die sie teilweise seit den 80er Jahren begleitet und die mittlerweile international bekannt sind.

Die aktuelle Ausstellung Moderner Anstrich zeigt neue Arbeiten des Frankfurter Künstlers Stefan Müller (*1971). Von 1996 bis 2001 studierte er an der Städelschule in Frankfurt am Main, in der Klasse von Thomas Bayrle. Auf den ersten Blick erscheinen seine Arbeiten abstrakt. Grobdefinierte Rechtecke, oft leger ausgemalt, schwanken in instabilen Beziehungen durch einen malerischen Raum aus Bleiche, Spritzern und Farbverläufen. Doch auf Stefan Müllers Leinwänden geht es nicht nur um Farbe, Material und Technik, sondern vielmehr um die Auseinandersetzung mit Sehnsüchten, Beziehungen und dem eigenen Erleben. Linien und Figuren, deren Farben sich während ihres vagen Verlaufs flackernd verändern, assoziieren Gemütszustände. Drippings, die darunter liegende farbige Streifen durchkreuzen, umfärben und sich dabei selbst verändern, schaffen Assoziationen: Menschen, die anderen Menschen begegnen.

Stefan Müller, Get here out of me, 2022, Tinte, Acryl und Öl auf Leinwand, 215 x 190 cm, Foto: Galerie Grässlin


FILIALE

Wir gehen zwei Straßen weiter. Hier befindet sich die FILIALE, die junge Dependance der Galerie Grässlin. Das Ausstellungsprogramm fokussiert sich auf junge künstlerische Positionen. Viele von ihnen haben an der Städelschule in Frankfurt studiert und stehen noch am Anfang ihrer künstlerischen Karriere. Einige haben in ihren jungen Jahren bereits den Sprung in den internationalen Kunstmarkt geschafft.

Die Ausstellung Stoffwechsel zeigt neue Arbeiten des Malers Sebastian Volz (*1983). Der Künstler vereinigt verschiedene Welten, am Übergang von der analogen zur digitalen Welt. Ausgehend von einer Reihe von gemalten Köpfen, die betont fleischlich sind, bewegt er sich zunehmend in der digitalen Welt. Seine Köpfe nehmen die Form von Emojis an. Und doch transportieren sie keine Wohlfühl-Stimmung. Im Gegenteil: sie zeigen das Grauen der digitalen Welt. Lügennasen und hämisches Gelächter werden sichtbar. Gespenstisch, kalt und deformiert leuchten die Formen scheinbar aus sich heraus. Es ist kein angenehmes, sondern eher ein zu grelles Licht. Eine Überbelichtung, die sich an der Grenze des Ertragbaren bewegt.

Sebastian Volz, Die Quadratur des Kreises, 2021, Öl und Papier auf Leinwand, 180 x 150 cm, Foto: FILIALE

Sebastian Volz, Den Gürtel enger schnallen (Verteufeln), 2021, Öl und Papier auf Leinwand, 280 x 280 cm, Foto: FILIALE


Frankfurts Kunstmeile: Die Fahrgasse

Über die Einkaufsstraße Zeil hinweg gehen wir weiter südlich Richtung Fahrgasse. Diese ruhige Wohnstraße, war einst eine der wichtigsten Straßen der Stadt. Schon seit dem Mittelalter war sie die Hauptverkehrsstraße, die Lebensader Frankfurts.

Im Mittelalter war die Alte Brücke am Ende der Fahrgasse die einzige feste Verbindung über den Main zwischen Aschaffenburg und Mainz. Dieser Brücke verdankt Frankfurt seine heutige Bedeutung als Messeplatz, Finanzzentrum und Verkehrsknotenpunkt. Durch ihre strategische Bedeutung entwickelte sich die Fahrgasse zur logistischen Verkehrsader.

Doch ihre Bedeutung verlor die Fahrgasse im 19. Jahrhundert, als weitere Brücken über den Main gebaut wurden. Während des Zweiten Weltkriegs wurden viele Häuser in der Fahrgasse zerstört. Mit der Neuplanung der Verkehrsverbindungen durch Frankfurt wurde die Kurt-Schumacher-Straße dann zur wichtigen Nord-Süd-Verbindung durch die Stadt.

Heute ist die Fahrgasse Wohnstraße und zugleich Zentrum der Frankfurter Kunstszene mit vielen Galerien, Bars und vor allem Cafés. Im Umkreis von 300 Metern befinden sich 9 Galerien: die GALERIEN FRANKFURT MITTE. Die Galerien der Fahrgasse haben sich organisiert, veranstalten gemeinsam Vernissagen, Galerierundgänge und Veranstaltungen.

Doch die Fahrgasse ist auch Brennpunkt der Gentrifizierung am Rande der Innenstadt. Mit ihrer Nähe zur Neuen Altstadt hat die Straße wieder an Bedeutung gewonnen, in dessen Folge die Mieten in der Fahrgasse stark gestiegen sind. So musste zum Beispiel im letzten Sommer das YokYok Kunstkiosk weichen. In dessen Räumen befindet sich nun ein Restaurant.

Galerie Leuenroth in der Fahrgasse, Foto: The Frankfurt Art Experience, Urban Media Project


Galerie Greulich

Am Anfang der Fahrgasse besuchen wir die Galerie von Andreas Greulich. Er versteht seine Galerie als eine kooperative Zusammenarbeit zwischen Künstlerinnen und Künstlern, Sammlerinnen und Sammlern, fernab des elitären Kunstgeschehens. Dabei spielt Humor in der Kunst, aber auch der Abbau von Hemmungen im Umgang mit den Kunstwerken selbst, eine große Rolle. Und auch neue Kunstformen der digitalen Kunst sind Teil seines Programms. In diesem März zeigt die Galerie neue Arbeiten der Malerin Tessa Wolkersdorfer (*1982).

Tessa Wolkersdorfers Malerei steht unter dem Eindruck der modernen Bildwelten. Die Social Media Ideale übersetzt sie in eine neue Malerei, die zugleich künstlich erscheint. Das Ergebnis sind komplexe, wie faszinierende Bilder. In ihren aktuellen Portraits widmet sie sich der Darstellungen von Frauen. Ihre geheimnisvollen Figuren tragen oft turbanartige Kopfbedeckungen. Das Motiv ermöglicht der Malerin eine Frauendarstellung, die ins Abstrakte abgleitet.

Tessa Wolkersdorfers, Looking up, Atelieransicht, 2022, Tusche und Öl auf Leinwand, 200 x 170 cm, Foto: Galerie Greulich


GALERIE LEUENROTH

Etwas weiter südlich in der Fahrgasse besuchen wir die Galerie von Kirsten Leuenroth. Ihre Ausstellungen setzten den Schwerpunkt auf Malerei der Neuen Leipziger Schule. Die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig gehört zu den ältesten und renommiertesten Kunsthochschulen Europas. Seit über 250 Jahren steht die Akademie für künstlerische und gestalterische Ausbildung auf höchstem handwerklichen Niveau.

Auch in der aktuellen Gruppenausstellung Zuhause ist es am schönsten sind zwei Künstler aus Leipzig vertreten: Janosch Dannemann (*1992) und Anya Triestram (*1977). Ihre Arbeiten werden durch Jari Genser (*1983) aus Wien ergänzt. Alle drei setzen sich mit dem Thema Zuhause auseinander. Jener Ort, aus dem man kommt, das Haus, in dem man aufgewachsen ist, das Zimmer, in dem man jetzt gerade wohnt, der Raum, in dem man arbeitet, der Ort, zu dem man zurückkehrt oder an den man sich am liebsten erinnert. Es sind unterschiedliche Blickwinkel auf und in Räume. Blicke von außen nach innen oder von innen nach außen.

Installationsansicht Zuhause ist es am schönsten, Foto: Galerie Leuenroth


Galerie Lachenmann Art

Gemeinsam gehen wir zu unserer letzten Station der Tour: Galerie Lachenmann Art, Hinter der Schönen Aussicht. Vor fünf Jahren eröffnete Juliane Lachenmann ihre Räume in Frankfurt, nachdem sie bereits vier Jahre zuvor ihre erste Galerie in Konstanz gründete. Die Räume in Frankfurt befinden sich in einem ehemaligen Fabrikgebäude und verbreiten über zwei Etagen industriellen Charme. Mit insgesamt über 600 qm Ausstellungsfläche ist sie flächenmäßig die größte Galerie der Stadt.

Auf der oberen Etage zeigt die Galerie neue Malerei des Frankfurter Künstlers Deniz Alt (*1978). Perspektive, Architektur und einsame Figuren stehen immer wieder im Mittelpunkt seiner Bilder und füllen Schöne Aussichten, die der neuen Ausstellung auf ironische Weise ihren Titel verleiht. Der Künstler verwendet die Ölfarbe in seinen Leinwänden in einem Wechselspiel von kräftigen, sachlichen Strichen und verschleierten Passagen. Pastose Farbe steht leichten und lasierenden Momenten gegenüber. Dieser bewusste Farbauftrag verankere seine Figuren und Räume auf den Leinwänden.

Wir gehen die Treppen nach unten in das Untergeschoss. Hier zeigt der niederländische Lichtkünstler Peter Vink (*1974) mit der Installation 100 eine immersive Lichtinstallation. Peter Vink inszeniert Räume und verwandelt sie in etwas Neues und bisher Ungesehenes. Die Installation in der Galerie Lachenmann bezieht die vertikalen Elemente des Untergeschosses ein und hebt sie hervor. Der Titel 100 ist dabei eine Hommage an die einhundert Linien, die sein Werk bilden. Gleichzeitig spielt er damit auf die umgangssprachliche Vorstellung von 100 Prozent an. Ganz im Sinne von "to be real, to stay true, to be straight".

Installationsansicht Schöne Aussicht, Deniz Alt, Foto: Galerie Lachenmann Art

Installationsansicht 100, Peter Vink, Foto: Galerie Lachenmann Art


Wenn auch du bei einer privaten Galerie Tour durch Frankfurt dabei sein möchtest, freue ich mich von dir zu hören. Die weißen Galerieräume, der typische „White Cube“, können manchmal etwas einschüchternd sein. Ich zeige dir, dass es sich lohnt, die Tür zu öffnen und sich von den Galeristinnen und Galeristen die Geschichten hinter den Kunstwerken erzählen zu lassen.


 
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