Atelierbesuch bei Rafel Bestard

Der Künstler Rafel Bestard, Foto: Marta Ribes

Das Atelier in einem alten Bauernhaus

Mallorca ist soviel mehr als die Badestrände von El Arenal. Auf der spanischen Insel lebt und arbeitet der Künstler Rafel Bestard. 20 Autominuten außerhalb von Palma befindet sich sein Atelier in einem alten Bauernhaus in Sa Casa Blanca. Folge mir in Rafels Studio, den ich im Frühling zusammen mit seinem Galeristen Victor auf der Insel treffen durfte.

Rafels figurative Ölgemälde enthüllen intime Momente

Eingebettet hinter dicken Mauern des historischen Hauses scheint Licht durch eine Dachluke. Wir sind in Rafel Bestard Studio im Hinterhof des Gebäudes. Die Luft riecht nach frischer Ölfarbe. In einem eher dunklen Bereich des Ateliers, beleuchtet von einem hellen Scheinwerfer, steht ein Gemälde auf einer Staffelei.

Rafels figurative Ölgemälde enthüllen intime Momente: Ein Porträt einer Person allein in einem Raum oder zwei Personen nahe beieinander, in Träumerei versunken. Seine Bilder fangen Emotionen ein, manche offensichtlich zu lesen, manche verstörend, aber immer anmutig und sanft. Sie fließen zwischen Realität und Surrealität, zwischen Erwachen und Träumen. Sie wollen das Unsichtbare sichtbar machen.

Rafels Farbpalette und Malmethode beziehen sich sowohl auf Gemälde aus der Renaissance, als auch auf impressionistische Einflüsse. Aus der Nähe zeigen sie nur Pinselstriche, aber aus der Ferne verwandeln sich diese in Formen. Ausgangspunkt für jede seiner Arbeiten ist eine Fotografie. Er fotografiert Menschen, mit denen er eine persönliche Beziehung hat oder Modelle und Tänzer, mit denen er seit mehreren Jahren zusammenarbeitet. Rafel inszeniert Momente und Emotionen, die er in seinen Gemälden nachstellt. Nach der Fotosession bearbeitet er das digitale Bild mit einem Filter, um den Kontrast, die Farbübergange, sowie den Umriss des Porträts zu verstärken.

Die Ölfarbe selbst ist der Schlüssel im Schaffensprozess von Rafel. Er kreiert seine eigenen Pigmente, sammelt bei langen Wanderungen Erde und Steine. Diese mahlt er zu Pulver und vermischt sie mit Öl. Seine Farbpalette spiegelt die warmen Erdtöne Braun, Grau, Ocker und Dunkelrot wider. Er stellt sein eigenes Weiß her, das in seinen Gemälden immer wieder auftaucht und die dunklen Töne überdeckt. Durch die Verwendung von Blei als Grundelement ist der Herstellungsprozess toxisch. Dennoch ist dieser substanziell: Rafel möchte seine Bilder verinnerlichen, Teil jedes Moments der Entstehung sein. So trägt jede seiner Arbeiten seinen eigenen Fußabdruck.

Das Malen selbst dauert nur wenige Tage und ist für ihn nur ein kleiner Teil des Gesamtprozesses. Rafel konzentriert sich nicht auf das Ergebnis seiner Malerei, sondern auf den Moment des Schaffens, den Fluss des Entstehens.

“Emotionen zu teilen ist essenziell!”

Rafel untersucht Emotionen, die Qualität von Gefühlen. Er seziert, was der Mensch erleben und fühlen kann, was allen gemeinsam und universell ist. Durch seine Bilder werden diese Emotionen in Formen und Gestalt übertragen. Es ist seine Absicht, den Betrachter des Bildes in Resonanz zu bringen. Rafel sagt, Emotionen entstehen außerhalb unseres Selbst. Wenn wir diese nicht teilen, werden wir zu toter Materie. Wir gleichen der atomaren Struktur von Eisen und Platin. Was uns unterscheidet ist der Raum zwischen unseren Atomen. Der Raum, in dem unsere Emotionen und Erinnerungen gespeichert werden. Emotionen zu teilen ist essenziell!

Rafel Bestard wird von der Galeria Contrast in Barcelona vertreten, mit denen er bereits seit mehr als zehn Jahren zusammenarbeitet. Im Herbst wird eine Videodokumentation erscheinen, die seinen performativen Malprozess thematisiert. Für die in der Dokumentation gezeigten Arbeiten malt Rafel zum ersten Mal außerhalb seines Studios. Er verwendete neue Pigmente, die seiner Farbpalette einen neuen goldenen Schimmer verleihen.